Die Seestadt Pillau im Wandel der Jahrhunderte
Hugo Kaftan
1430 | erstmalig urkundlich erwähnt als „Pilen“, 1436 „Pille“ und 1445 „Die Pillaw“. |
1510 | wird das Neue Tief durch einen gewaltigen Sturm schiffbar |
1550 1601 1625 | werden Schanzen gebaut |
1626 | landet am 6.7. der Schwedenkönig Gustav Adolf mit seiner Flotte von 37 Schiffen. Während der zehnjährigen Besetzung entstehen Stadt und Kirche und vor allem die Festung. |
1635 | ziehen die Schweden ab. |
1635 | am 15.12. wird Oberst von Dargiz Gouverneur der Veste Pillau, 15.1.1636 rückt das Brandenburgische Regiment v. Redern ein. |
1642 | nimmt Kurfürst Friedr. Wilhelm die Garnison in Eid. Er Kommt sehr oft. |
1657 | wird unter Oberst von Hille in Pillau eine kleine Flotte zusammengestellt, die Ende Mai zum erstenmal auf See die Brandenburgische Flagge zeigt |
1660 | Die von den Schweden erbaute Kirche aus Holz wird in Stein neu errichtet, der Kommissbäcker Scepter stiftet die Orgel. |
1662 | Kurfürst Friedr. Wilhelm bereitet den entscheidenden Schlag gegen die Königsberger Polenfreunde, u.a. Schöppenmeister Rohde, vor. |
1667 | werden Windmühle und Lotsenwachtturm am Tief errichtet. |
1668 | der Packhof |
1670 | Vollendung des Baus der Festung mit ihren Bastionen, Ravelins und breiten Wassergräben. |
1675 | zählt die Artillerie 1 Stückhauptmann, 12 Büchsenmeister und 16 Schlangenschützen, dazu etwa 75 Kanonen, neben 600 Mann Infanterie. |
1680 | gelingt es der Flotte, den Spaniern bei Ostende das große Kriegsschiff „Crolus Secundus“ mit kostbarer Ladung wegzunehmen. Raule sendet 2 Schiffe nach Guinea, um den Erwerb einer Kolonie vorzubereiten; es gelingt mit einigen Häuptlingen Verträge abzuschließen. Darauf wird eine „Afrikanische Kompagnie“ zum Handel mit der Guineaküste gegründet. Die Kurfürstliche Werft wird gebaut und |
1681 | ein Admiralitätskollegium errichtet |
1682 | geht unter Major v. der Gröben eine zweite Expedition ab, die die Feste Gr. Friedrichsburg gründet. 1717 wird die Kolonie an Holland verkauft. |
1695 | wird durch den Holländer Rüte (Marinepfarrer und Prediger in der Festung) eine Apotheke errichtet und verwaltet. |
1697 | Zar Peter der Große, der sehr oft in Pillau gewesen ist, vergnügt sich zwanglos und tanzt sogar auf einer Schifferhochzeit. |
1701 | wird Pillau zum Marktflecken erhoben, das Lizens- und Posthaus (später Zollamt) wird gebaut. |
1702 | errichtet eine englische Gesellschaft auf dem Grundstück der ehemaligen Werft eine Brauerei (später Iskefalle). |
1707 | wird das Zeughaus erbaut. Benjamin Raule, mit dessen Namen die Flotten- und Kolonialpläne des Kurfürsten unlösbar verknüpft sind, stirbt verarmt in Hamburg |
1717 | die Festungskirche wird abgebrochen und neu errichtet, 1768 nach Brand erneuert. |
1718 | besucht Friedrich Wilhelm zum ersten Mal Pillau, sein „Klein Amsterdam“. |
1722 | wird um die Stadt ein Bollwerk angelegt. |
1725 | am 18.1. unterzeichnet der König auf Stadtrechtlichkeit und einige Jurisdiction in Polizey u. Justice Sachsen. Das Wappen zeigt auf dem Hintergrund von Rot (Himmel), Blau, Wasser, den silbernen Stör mit der Preußenkrone. |
1730 | wird das Magazin auf der Holzwiese gebaut. |
1732 | landen auf insgesamt 66 Schiffen die vertriebenen Salzburger in Pillau, sie finden in Ostpreußen eine neue Heimat. |
1739 | wird die alte Kommandantur abgebrochen und neu errichtet. |
1746 | Bau des Rathauses, 1816 erhält es einen Turm mit der Uhr. |
1757 | wird die preußische Küste von den Russen blockiert und die Festung bombadiert. |
1758 | Abmarsch der Garnison und Einmarsch der Russen, Anlegung des sogenannten Russendamms, Pillauer Verschwörung und Verurteilung des Postmeisters Wagner. |
1762 | ziehen die Russen ab. |
1806 | weilt der Dichter Heinrich von Kleist (der erste bekannte Badegast) 5 Wochen in Pillau. |
1807 | Belagerung der Festung durch die Franzosen. Tapfere Verteidigung durch Oberst von Herrmann: Preußen oder der Tod! |
1812 | neben der preußischen auch französische Besetzung. |
1813 | werden für den Lotzenkommandeur und die Lotsen Häuser gebaut. Die Festungsschule und die reformierte und die Stadtschule werden zu einer höheren Bürgerschule vereinigt – 1815 folgt eine Mädchenschule und 1839 eine besondere Elementarschule. |
1822 | wird zur Ausbildung der Seeleute im Hause Königsberger Str. 3 eine Navigationsschule eingerichtet, 1918 geht sie ein. |
1831 | starben 88 Personen, 1866 sogar 110 Personen an Cholera. |
1837 | werden die letzten Beschränkungen, die wegen der Bernsteinregeln für das Betreten des Seestrandes bestanden aufgehoben. |
1839 | flüchtet Richard Wagner auf dem Pillauer Segler Thetis nach London, muß aber wegen furchtbaren Sturmes einen Fjord als Nothafen anlaufen. (Anregung zum Matrosenlied im „Fliegenden Holländer“. |
1842 | wird die Seebadeanstalt gebaut. |
1865 | wird die Eisenbahn Königsberg – Pillau eröffnet. Anschluß an das russische Eisenbahnnetz erhöht den Verkehr. Der Staat hat 1864 (von der Königsberger Kaufmannschaft) die Verwaltung des Hafens übernommen. Die Nordmole wird 1883, die Südmole 1887 fertiggestellt. Der 26ha große Vorhafen wird in das Haff hinein vorgeschoben. Es wird ein besonderer Petroleumhafen angelegt. |
1869 | wird das Garnisionslazarett gebaut |
1880 | Die Segelregatten, die seit 1869 vom Segelclub „Rhe“ nur vereinzelt stattfanden, werden seit 1880 regelmäßig vor Pillau abgehalten. |
1887 | werden der Lotsen- und der Fischereihafen, und auf dem Russendamm ein Bauhof mit allem Zubehör für die Hafenbauinspektion vollendet. Zugleich wird ein Denkmal für den Oberbaudirektor Hagen (Ehrenbürger der Stadt) eingeweiht. |
1889 | wird das Schichaudock gebaut. |
1890 | die Tranfabrik (Deutsche Seefischereigesellschaft Germania) |
1891 1892 | Bau des Königsberger Seekanals |
1900 | Wohnbevölkerung: Stadt 2993, Festung 764, Alt-Pillau 4394. |
1902 | wird Alt-Pillau (mit Wogram) und 1903 der Gutsbezirk Festung Pillau eingemeindet. |
1903 | entsteht die Kalksandsteinfabrik und wird das Amtsgericht gebaut |
1904 | wird die Infanteriekaserne gebaut, sie wird später Kaserne der V. Marine-Artillerie-Abtlg. |
1905 | Bau der der Volks- und höheren Mädchenschule, 1906 der Realschule. |
1910 | wird die Präparandenanstalt gebaut, 1918 geht sie bereits ein. Bau der katholischen Kirche. |
1911 1920 | ist Dr. Konrad Haberland Bürgermeister. Er geht zur Reichsfinanzverwaltung. 1922 wird er zum Ehrenbürger ernannt. 1911 wird der Verkehrsverein gegründet und erstmalig die Pillauer Woche veranstaltet. |
1913 | am 19.7. im Rahmen einer Pillau-Woche wird das Denkamal des Großen Kurfürsten enthüllt. Die Kanonen aus Gr. Friedrichsburg neben dem Denkmal sind ein Geschenk des Reichsmarineamts. |
1914 | werden mehrere Küstenbatterien gebaut und die Artilleriekaserne fertiggestellt. Die auf dem Schwalbenberg (1806) erbaute Landmarke wird unötigerweise gesprengt. Kreuzer „Pillau“ macht viele Fahrten nach England und auch die Seeschlacht am Skagerak mit, nach dem Kriege nach Italien ausgeliefert, fährt der unter dem Namen „Bari“ in der ital. Marine. |
1915 | wird der Fußgängerweg vom Bahnhof nach Alt-Pillau angelegt. |
1919 | gibt das Demobilmachungslager für Pioniergerät zum Stellungsbau vielen Leuten Beschäftigung. Die Herrschaft des Soldatenrates wird am 9.3. durch das Freiw. Batl. von Saucken beseitigt. |
1920 | Zur Volksabstimmung in Masuren kommen im Juli insgesamt 91000 Abstimmungsberechtigte über See durch Pillau, auf der Rückreise sind es noch einmal 50000. Des Krridors wegen wird ein Schnelldampfverkehr über Danzig – Swinemünde eingerichtet. |
1921 | wird Pillau wieder Marinestandort. |
1923 | kommt der Erwerb des Plantagenbaugeländes zum Abschluß. Stromlieferungsvertrag mit dem Ostpreußenwerk. |
1925 | wird das vom Kriegerverein errichtete Gefallenendenkmal eingeweiht. |
1926 | ziehen in die ehem. Präparandenanstalt nach Umbau die Volks- und Mittelschule ein. |
1926 1927 | wird die Wasserleitung u. Kanalisation von der Firma Windschild & Langelott gebaut, Kosten 1 963 700 RM, der preuß. Staat gibt 600 000 RM Beihilfe. |
1927 | Die Brücke über den Graben wird in Beton erneuert, die Hindenburgstraße u. 1934/35 auch die Bahnstr., Holswiese, Breitestr. und Raulestr. werden in modernster Form (Asphalt) instandgesetzt. |
1931 | wird die staatliche Oberrealschule in ein staatliches Reform-Gymnasium umgewandelt. |
1933 | wird Pillau Heimathaffen der 1. Minensuchflotille. |
1934 | erhalten die Bollwerke und Uferstraßen des Vorhafens Larssen Stahlspundwände. |
1935 | am 1.10 übernimmt Dr. Kurt Kasper die Bürgermeistergeschäfte. |
1936 | Dreihundertjahrfeier der Garnison. |
1937 | wird die Gemiende Camstigall und 1938 die Gemeinde Neutief (mit ca. 4 km Nehrungsstrecke bis Kaddikhaken) eingemeindet. Großadmiral Dr. h.c. Raeder wird 1938 zum Ehrenbürger ernannt. |
1939 | 12379 Einwohner. Seefliegerhorst in Neutief und Lochstädt. |
1940 | wird die erste U-Bootlehrdivision nach Pillau gelegt. |
1943 | folgt die 3.U-Boots-Ausbildungsabtlg.-weiterhin die 19.,29.,21., und 26. u-Flottille. |
1944 | ortsansässige Bevölkerung: Pillau I 5663, Alt Pillau 5267, Neutief mit Kaddikhaken 2753, Camstigall 1997, Neuhäuser 1500, zus. 15680. Garnison mehr als 24000 Soldaten. Die Marinehafenbahn besorgt den Personenverkehr zwischen Pillau und Camstigall. Im Frühjahr werden zwei Kreuzerliegestellen im Hafenbecken 3 fertig, im Sommer wird Hafenbecken 4 ausgebaggert u. auf dem Ostufer eine Spundwand gezogen. |
1945 | Der Flüchtlingsstrom beginnt mit dem 18. Januar. 26.1. große Minenexplosion im Fort Stiehle, etwa 250 Tote, erhebliche Sachschäden im Ort, etwa 2000 Menschen obdachlos. Die ersten größeren Schiffstransporte mit Flüchtlingen setzen ein. Anfang Februar werden 123 Ertrunkene der „Gustlof“ eingebracht und in einem Massengrab beigesetzt. Auf dem neuangelegten Kriegerfriedhof an der Nordmole werden bis zum Fall der Festung etwa 8000 Soldaten und Zivilpersonen beerdigt. Erster größerer russischer Fliegerangriff am 5.2. ohne Warnung. Stadt ohne Strom. Erhebliche Verluste. etwa 60 – 70000 Flüchtlinge am Ort. An einigen Tagen befinden sich in Pillau Lochstädt und Neuhäuser insgesamt bis zu 32000 Verwundete. Am 16.4. erhält das U-Boot 78 (Stromerzeugerboot) Artillerietreffer und sinkt. Die Russen nehmen die Halbinsel Peyse. Das Artillerieschulboot „Drache“ wird in Pillau durch Fliegerbombe versenkt. Das Wasserstraßenamt befindet sich bis zum 17.4. im Kriegseinsatz, hat einige Tote und erhebliche Schiffsverluste zu beklagen. In der Nacht vom 20. zum 21.4. beginnt der sowjetische Großangriff. Die letzten Flüchtlinge werden am 22.4. während der Nacht abbefördert. Am 25.4. in den Morgenstunden wird nach einem heldenhaften Kampf Stadt und Festung von den Russen eingenommen. In den Nachtstunden fällt Neutief. Deutsche Truppen, soweit sie sich der Gefangenschaft entziehen konnten, halten sich auf der Frischen Nehrung bis zum Eintritt des Waffenstillstandes. |