Compehnen
Besitzer Freiherr Gert von der Goltz
Aus dem Heimatbrief 60.Folge Weihnachten 1978
Das Gut Compehnen, seit 1786 im Besitz der Familie Freiherr von der Goltz, liegt in der Nähe von Fischhausen und gehörte zum Kirchspiel der alten Ordenskirche Thierenberg. Landschaftlich war es, durch seine hügelige Lage,eine der schönsten Gegenden des Samlandes.
Die 182,5 ha Wald bildeten ein Elchdorado für das verschiedenartigste Hoch- und Niederwild. 60 ha Sandboden waren nur aufgeforstet worden, als ich das Gut 1926 von meiner Mutter übernahm. In diesen Beständen des Jungwaldes und den Mischholzdickungen fand sich viel Reh- und Hochwild ein; Elchwild erkor sich die moorigen Brüche und die Schonungen zu seinem ständigen Aufenthalt. In jedem Jahr durften in meinem Revier 2 Elche erlegt werden. Damwild wurde 1936 in einem Gatter ausgesetzt, nach 2 Jahren erhielt es die Freiheit und breitete sich im ganzen Samland aus. Aus den umliegenden Staatsforsten, der Warnicker, Kobbelbuder Fritznerforst fand sich immer mehr Schwarz- und Rotwild ein, so daß man es in den letzten Jahren schon zum Compehner Standwild rechnen konnte. Der Besatz an Niederwild war für ostpreußische Verhältnisse recht gut. Besonders bekannt waren die „bunten“ Strecken, die bei den herbstlichen Waldjagden mit Hasen, Füchsen, Kaninchen, Schnepfen, Rebhühnern, Fasanen und Wildenten gelegt werden konnten.
Sogar ein Schwarzstorch ein Kolkrabenpaar brüteten noch im Torfbruch. Durch das reizvolle Landschaftsbild bildete Compehnen auch ein sehr lockendes Terrain für Reitjagden. Wenn das „Feld“ dann über Koppelricks und viele andere natürliche Hindernisse, wie Teiche und Gräben, dem Master gefolgt war, ertönte das Halali am Dreieichenberg. Das war ein besonders schöner Aussichtspunkt 40m über dem Meeresspiegel, von dem man einen weiten Blick über das Land, bei schönem Wetter sogar bis zur Ostsee zum Frischen Haff, hatte. Auf allen Goltzschen Gütern in Ostpreußen wurde zum Friedensschluß des Deutsch-Französischen Krieges auf der höchsten Erhebung 3 Eichen gepflanzt, die nun schon mit ihren zusammen gewachsenen Kronen weiten Schatten spendeten.
Mein Vater hatte vor dem ersten Weltkrieg dem Kreis Fischhausen Land zur Verfügung gestellt, damit der Bau der Kreisbahn eine tatkräftige Unterstützung erhielt. Diese Vollspurbahn, die seit eh und je den despektierlichen Namen „der Schniefke“ trug, stellte die Verbindung zur Samlandbahn und damit zu Königsberg und den Seebädern her. Sie führte auch durch den Compehner Wald mit einer eigenen Bahnstation, was natürlich von großem wirtschaftlichen Nutzen war.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche von Compehnen teilte sich auf in 182,5 ha Acker, 52,5 ha Wiesen, 60 ha Dauerweiden. Der Boden war mittelschwer, die Ackerschläge lagen besonders günstig um den Hof gruppiert, das gesamte Grünland auf der Westseite, der Wald auf der Ostseite. in den ersten Jahren nach der Besitzübernahme betrugen die Erntedurchschnitte noch nicht 20 dz pro ha. Durch Dränage, verstärkte Viehhaltung und durch erhöhten Dunganfall konnten die Erträge so gesteigert werden, daß der Durchschnitt bei 30 dz pro ha lag. Die Rindviehherde betrug ca 60 Herdbuchkühe und die Nachzucht, von der jährlich ca 10 Sterken und 25 Bullen zur Auktion kamen. Die höchste Leistung der Herde wurde im Jahresabschluß 1938 erreicht mit 5012 kg Milch, 3,58 % Fett gleich 175 kg Milchfett. Zweimal darauf folgende Maul- und Klauenseuche und der Krieg ließen die Leistungen etwas zurückgehen. Der Rindviehzucht galt meine besondere Passion. Der Kauf mehrerer Spitzenbullen aus bekannten Zuchtherden, z.B. Sehmer Karmitten, brachten einen sichtbaren Erfolg, bis dann das bittere Ende 1945 alles zerschlug. Außer der Rinderzucht und Milchkühen wurden jährlich 12 -15 Herresremonter und 2 – 3 warmblütige Hengste aufgezogen und verkauft, von denen acht aus eigener Zucht stammten. Der Schweinebestand betrug 100 Stück und war ein reiner Mastbetrieb.
18 Familien, darunter der Kämmerer, Förster, Melker, Fohlen- und Hengstwärter sowie die Gutshandwerker, halfen durch Generationen den Betrieb zu bearbeiten und zu fördern und bildeten mit unserer Familie eine feste Gemeinschaft, die mit allen ihr innewohnenden Kräften diesem wertvollsten, engen Begriff „Heimat“ zugute kam und die heute noch darin zum Ausdruck kommt, wenn alle von „unserem unvergeßlichen Compehnen“ sprechen und schreiben.
Gert Freiherr von der Goltz