Gut Mogaiten

(Ältester Familienbesitz im Kirchspiel Pobethen)
Aus Dem Heimatbrief 42.Folge Sommer 1974

Das Gut Mogaiten liegt etwa vier Kilometer südostwärts des Kirchdorfes Pobethen. Der Name Mogaiten ist für dem letzten Eigentümer seit dem Jahre 1527 aktenkundig. Der lückenlose Stammbaum der Familie ist durch die Kriegsereignisse verlorengegangen. Bei der Ehrung von 38 alten samländishen Familien vor dem zweiten Weltkriege durch die Landesbauernschaft war auch die Familie Legien vertreten, und ihr Stammbaum wurde mit denen der Familie Porschien – Cobjeiten und Kantelberg Schlakalken auf einer Ausstellung im Tiergarten-Gesellschaftshaus der Öffentlichkeit gezeigt. Der letzte Eigentümer entstammt einer alten preußischen Familie, in deren Besitz das Gut vierzehn Generationen hindurch war. Frau Dr. Legien erteilte der Heimatgemeinschaft Pobethen die freundliche Genehmigung, etwas über Mogaiten im Heimatbrief zu bringen, wofür ich meinen herzlichen Dank ausspreche.

Der letzte Besitzer war Herr Artur Richard Ernst Legien mit seiner Gattin Gertrud Maria Lina Legien. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, von denen heute nach der Vertreibung zwei in der Bundesrepublik leben. Im Jahre 1908 erhielt er den Hof von seinen Eltern übertragen. Seine acht Geschwister, die bis auf einen Bruder alle selbständige Landwirte geworden sind resp. solche geheiratet haben, erhielten alle 15000 Mark als Erbteil, wovon der größte Teil schon von den Eltern ausgezahlt war, so daß der Hof nicht stark durch Erbgelder belastet wurde.

Jahrzehntelang ist in Mogaiten große Teichwirtschaft betrieben worden. Es standen 30 Hektar unter Wasser, z.T. jedoch in den Gemeinden Ankrehnen und Goithenen. Im ersten Weltkrieg wurde dieser Wasserwirtschaftszweig aufgegeben, weil der junge Besitzer als kreigsfreiwilliger Kürassier im Feld stand und seine junge kriegsgetraute Frau das mit der Fischwirtschaft verbundene Risiko nicht übernehmen konnte. Nach dem Krieg wurden dann die Flächen, die in den anderen Gemeinden gelegen waren, ausgetauscht, so daß die Ländereien von Mogaiten zusammenlagen.

Die Arbeitsverhältnisse sind niemals schlecht gewesen. Ein alter „Kämmerer“ charakterisierte es so, daß die Arbeiter häufig die Hebamme für ihre späteren Herren geholt hätten. Bei Kriegsende waren auf dem Gut zwei Arbeiterhäuser mit sechs Deputatfamilien und ein verheirateter Melker mit Hilfskraft als ständige Arbeitskräfte vorhanden. Nach dem ersten Weltkrieg konnte die Betriebsweise intensiviert werden. eine der Voraussetzungen war der Bau einer großen Scheune und im Jahre 1920 der Bau eines neuen Pferdestalles mit großem Speicher, Holzschuppen, Schirrkammer und Wagenunterfahrten. Dieses Gebäude brannte nach einigen Jahren durch Brandstiftung ab und wurde wieder neu aufgebaut.

Besonders wichtig war aber, daß dei Verkehrsverhältnisse wesentlich durch den Bau der Chausseen von Pertelnicken, der Bahnstation, nach Grünhof und von Goithenen nach Pobethen verbessert wurden. Zum Hof wurde aus eigenen Mitteln eine Steckchaussee gebaut. 1923 wurde der Betrieb auch an das Überlandwerk angeschlossen. Das Ackerland wechselte in seiner Güte stark, so daß in zwei Fruchtfolgen gewirtschaftet werden mußte. Das Land erstreckte sich in Form eines langen Rechteckes, so daß innerbetrieblich weite Wege zurückzulegen waren.

Der Inventarbesitz bestand bei der Vertreibung aus 14 Arbeitspferden, 40 Milchkühen (Herdbuch), 40 Stück Jungvieh, zeitweise 50 Schweinen (der ostpreußischen Schweinezuchtvereinigung angeschlossen), etwas 600 Hennen (Geflügelzuchtbuch) usw. Neben einem Trecker (Lanz-Bulldog) waren Maschinen und Geräte ausreichend vorhanden.

Die finanzielle Lage des Hofes war stets gesund. Auch in den für die Landwirtschaft so schweren Jahren von 1929 bis 1933 wurden keine Schulden gemacht (keine Osthilfe). Durch sehr bescheidene und sparsame Lebens- und Betriebsführung wurden diese Zeiten gemeistert. Die Finanzkraft verstärkte sich sogar so, daß in den dreißiger Jahren 30 Hektar Wald in Skardelies (Volksmund Huschkar) hinzugekauft wurden, so daß zum Schluß die Betriebsgröße betrug: 110 Hektar Acker, 40 Hektar Dauerweiden, 80 Hektar Wald, während Anfang des Jahrhunderts vorhanden waren: 70 Hektar Acker, 30 Hektar Karpfenteiche und 100 Hektar Wald. So hat eine deutsche Bauernfamilie ununterbrochen im Mannestamm 350 Jahre lang ihren Hof mit Erfolg bewirtschaftet. Sie führte voll Stolz auf ihre Bodenständigkeit ein bürgerliches Wappen (in Wappenrolle eingetragen).

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Familie die Pestzeit 1712, die Kriege 1806/07 überstanden. Ein Bruder des damaligen Besitzers war als schwarzer Husar zehn Jahre lang in Kriegsgefangenschaft in Luxemburg. Die folgende Wirtschaftskrise vertrieb ebenso wie die Caprivizeit und die Not von 1929/1932 nicht die Familie von ihrem Besitz. Erst nach dem Russeneinfall 1945 sollte der letzte Besitzer in Langehnen erschossen werden. Dieses wurde durch das Dazwischentreten einer Mogaiter Deputantenfrau, die etwas russisch sprechen konnte, verhindert. Dann mußte Artur Legien mit seiner Frau und Tochter Gisela, verh. Lange, mit deren drei Töchtern Mogaiten verlassen. Nach opferreichem und tragischen Umherirren durch die Provinz erlöste ihn der Tod am 26 April in K.-Scharlack im Kreis Labiau. Tochter Gisela schleppte sich noch auf das eigene Gut zurück. Dort wurde sie von den zurückgebliebenen Deputanten zur letzten Ruhe gebettet.

Ernst Wittrien